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Fachtagung Schulkunst

Auswertung Expertentag

6 - Verwaltung

Themenpatenschaft: Kay von Keitz, plan, Köln

Kooperation mit der Verwatung

Ausgangspunkte:
Kommunikation zwischen Projekt und Verwaltung
Wege der Zusammenarbeit modellieren
Wie fügt sich das Projekt in die Planungs- und Bauprozesse?

FachkommentatorInnen:
Gregor Nachtwey, Referat Schule - Kultur, Schule – Beruf
Andrea von Lüdinghausen, Künstler, Hannover

TeilnehmerInnen:
Hanswalter Graf, Künstler, Thun
Stefan Greß, Amt für Gebäudemanagement Kay von Keitz, plan, Köln
Katharina Kalenci, Schülerin, Alfred-Herrhausen-Schule Gregor Nachtwey, Referat Schule - Kultur, Schule – Beruf
Roland Schild, Architekt, Köln
Johannes Schuhmacher, Bildungsverwaltung, Bremen
Son-Ha Tran, Schülerin, Heinrich-Hertz-Berufskolleg

Themenübersicht:
- Position Kunst und Position Verwaltung
- Gemeinsame Motivation
- Lösungsansätze
- Rolle der Kunst im Schulkunstprojekt


Als Auftakt gibt es eine kleine Einführung von Kay von Keitz zum Thema „Kooperation mit der Verwaltung“. Er beginnt darin mit der Sichtweise des Künstlers. Der Künstler verstehe sein Vorhaben als Wesentliches, er ist der Projektmacher, seine Idee ist der Inhalt. Ein bisschen auf die Spitze getrieben formuliert, fällt es ihm schwer zu verstehen, weshalb er nicht „mit offenen Armen“ empfangen wird, wenn er mit seinen Vorstellungen zur Verwaltung kommt. Der Künstler wünscht sich eine kooperative und interessierte Haltung der Verwaltung, die mit ihm klärt, wie man die Projektidee am besten umsetzen kann. Für die Kunst ist die Verwaltung nötige Partnerin, sie ist der Apparat zur Umsetzung, aber als Künstler hat man oftmals das Gefühl, der Projektwunsch werde von der Verwaltung als störend empfunden.

Die Sichtweise des Verwalters wird unter anderem von Stefan Greß erläutert. Die Verwaltung arbeitet überwiegend mit planbaren und beherrschbaren Prozessen, die oft im Gegensatz zu künstlerischen Absichten stehen. Einer kreativen Idee gehen selten ähnliche Fallbeispiele voraus, anhand derer man den Verlauf und die Umsetzung der Idee genau planen kann.

„Offene Prozesse treiben uns den Angstschweiß auf die Stirn, denn wir sind da um Prozesse planbar zu machen.“ – Stefan Greß

Die Verwaltung nimmt ihre Sicherheit aus Erfahrungen und erhält immer ein gewisses Maß an Ordnung. Sie stellt den Künstler vor trockene Tatsachen und bewahrt immer eine Art gesunden Pessimismus, so Nachtwey. Die Verwaltung arbeitet mit Grenzen, der Künstler dagegen nicht. Allein durch die Tatsache, dass die Verwaltung innerhalb eines Rahmens agiert, der zum Beispiel Punkte wie Nachhaltigkeit, Sicherheit und ähnliches berücksichtigen muss und die Kreativität keine Grenzen besitzt, ist eine Spannung vorprogrammiert. Stefan Greß betont, dass die Verwaltung in erster Linie für den Bürger existiert und ohne sie das Land nicht funktionieren würde.

„In dem Moment, wo sie Sie einen Plan haben, können sie frei denken, in dem Moment, wo es an die Umsetzung geht, kommen einfach die Zwänge, denen sie ausgesetzt sind. Bleibt es stehen? Ist es finanzierbar? Entspricht es den gesetzlichen Vorgaben? Und für all das trägt Verwaltung die Verantwortung.“ – Stefan Greß

In der Kunst hingegen sind Prozesse, zumindest was ihren kreativen Anteil betrifft, einfach nicht vorhersehbar und auch nicht wissenschaftlich evaluierbar.

„In dieser wissenschaftlichen Evaluation sehe ich riesige Probleme aufkommen. Wenn man sagt, der künstlerische Prozess soll experimentell sein und wenn man sich wirklich was trauen will, dann kann man nicht schon die Evaluation im Kopf haben, denn dann probiert man nichts mehr aus.“ – Andrea von Lüdinghausen

Kay von Keitz fragt, wann die einzelnen Beteiligten jeweils in den Planungs- und Veränderungsprozess involviert werden sollten um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Insbesondere gehe es um die Frage, wann die Schüler in solche, ihre Schule betreffenden Prozesse eingebunden werden sollen. Man findet, dass es von Vorteil ist, die Schüler gleich zu Beginn in die Planungsprozesse einzubeziehen.

Stefan Greß beschreibt den Ablauf eines Bauvorhabens aus Sicht der Verwaltung. In der ersten Phase geht es um die Projektentwicklung, darum welche Qualität die Baumaßnahme haben wird. An diesem Punkt sollte schon bekannt sein, ob ein Schulkunstprojekt eingebunden ist; daraus ergeben sich andere Abläufe und Kosten als gewöhnlich.

Das Schulkunstprojekt beginnt möglichst vor der Planungsphase des Architekten.
Der Architekt macht also die Vorplanung und die Schulkunst ist dabei, danach folgt die Entwurfsplanung des Architekten, auch hier ist die Schulkunst dabei. Wichtig zu wissen ist, dass die Gelder in diesem Fall vom Rat freigegeben werden. Die Verwaltung bekommt zunächst nur Geld für die Planung, es darf noch kein Geld für die Ausführung verwendet werden. Anschließend werden die Ergebnisse von Schülern, Künstlern, dem Architekten und der Verwaltung erneut dem Rat vorgelegt und dieser entscheidet, ob das Projekt durchgeführt wird oder nicht. ein Allgemeines Ziel sollte dabei sein, dass Kunstgedanken von allen Beteiligten verstanden werden.

Für den Künstler ist es nicht immer einfach die Wege der Umsetzung nachzuvollziehen. In der Schweiz ist zwischen den Künstler und die Verwaltung eine Kulturabteilung geschaltet. Sie ist also eine Anlaufstelle für den Künstler und so ist der Weg für ihn zur Verwaltung ein leichterer als in Deutschland, empfindet Hanswalter Graf. Er fragte, ob es in Deutschland ein ähnliches „Gelenk“ zwischen beiden Parteien gibt. Stefan Greß erklärt, auch hierzulande gibt es eine Art Mediator, ein Gelenk oder einen „Kümmerer“, wie ihn Greß bezeichnetet, nämlich den Projektleiter, welcher beim Bauherren angesiedelt ist. Er hat die Aufgabe alle Beteiligten einzubinden, auch die aus dem Kunst- und Kulterbereich.

Mitten in der Diskussion fragt eine der anwesenden Schülerinnen nach dem Sinn und Zweck der ganzen Expertentagung.

„Ich frage mich, warum Sie hier sind.“ – Katharina Kalenci.

In diesem Punkt sind sich alle Anwesenden einig, sowohl die Künstler als auch die Vertreter der Verwaltung, der Sinn des ganzen bestehe darin, dass sich die Schüler in ihrer Umgebung Schule wohlfühlen.

Nachtwey sagt, bei allen Unternehmungen muss ein kulturelles Grundverständnis bei allen gegeben sein, es muss gefallen und umsetzbar sein. Zwar besteht bei allen ein Interesse daran, dass sich die Kinder wohlfühlen, aber neben der Frage „Lohnt sich die Veränderung im Kopf?“ bleibt nun mal auch die Frage „Lohnt sich die Veränderung fürs Portemonnaie?“. Als konkretes Beispiel wird der von Schülern gestaltete Toilettenraum genannt. Der Anteil an Selbstgestaltetem veranlasste die Schülerschaft dazu, die Toiletten gut zu pflegen und es war weniger Geld für Sanierung und anderes Instandsetzen nötig. Somit hat sich die Veränderung nicht nur „im Kopf“, sondern auch „im Portemonnaie“ gelohnt.

Ein weiteres Ziel dieser Diskussion sei auch die Verbesserung der gesamten Abläufe bei Planung und Umsetzung von Projekten, findet Roland Schild.

Hanswalter Graf führt an, dass die Unternehmungen innerhalb von Schulkunst Projekten die Schüler sensibilisieren und prägen. Sie sind teilweise die nächste Generation der Verwaltung und werden in Zukunft durch ihre Erfahrungen ein anderes Verständnis für und einen anderen Umgang mit künstlerischen Projekten haben.

Eine Schülerin des Berufskollegs betont, wie wichtig es sei, dass bei diesem gemeinsamen Ziel einer Verbesserung der schulischen Umgebung Schüler und Lehrer auf einer Augenhöhe kommunizieren. Um das Zustandekommen der Projekte wie auch deren Umsetzung zu gewährleisten, müsse man sich auch gegenseitig „unter Druck setzen können“.

Die Vorteile der Einbeziehung der Schüler bei Projekten wurden weiter ausgeführt. Die Partizipation fördere die Eigeninitiative der Schüler und die eigene Verantwortung für die Umgebung. Indem die Schüler einbezogen werden, wird auch ein Stück weit gewährleistet, dass die schulische Umgebung eine ist, die zu den Schülern passt und in der sie sich wohlfühlen. Son-Ha Tran berichtet von einem Negativbeispiel, bei dem die Schüler bei der Gestaltung des Hofes außen vor blieben und so ein Klettergerüst im Aufenthaltsort junger erwachsener Oberstufenschüler errichtet wurde.

Natürlich muss herausgefunden werden, welche Veränderungen notwendig sind, damit sich die Schülerinnen und Schüler wohlfühlen. Die Verwaltung möchte die Gestaltung möglichst allgemeingültig und generationenübergreifend halten, so Greß.

Von Keitz spricht sich gegen die Anonymität aus, welche mit „allgemeingültigen“ Gestaltungen einhergeht. Er zieht dem eine Gestaltung durch die Schüler selbst vor.

„Ein ganz wichtiger Faktor ist, dass es nicht anonym ist, sondern dass auch die nächste Generation von Schülern und Schülerinnen weiß, das haben Schüler und Schülerinnen wie ich gemacht und das ist Gemeingut geworden.“ – Kay von Keitz

Hanswalter Graf merkt an, man müsse bedenken, dass die Verfallszeit der Wahrnehmung von Kunst kurz sei. Eine mögliche Lösung für dieses Problem wäre es, statt großer, langwieriger Projekte mehr kleinere, kurzlebigere Projekte in kleineren Zeitabständen umzusetzen. Man solle eher die kleineren Bauteile eines Gebäudes verändern als die „tragenden Wände“.

Kay von Keitz wendet dagegen ein, dass Kunst in diesem Fall als bloße Dekoration bezeichnet werden könnte. Unser Interesse müsse aber darin bestehen, dass Kunst Teil eines Prozesses ist und langfristige Wirkungen auf das soziale Klima hat.

Im Plenum wird festgestellt, dass sich etliche Überschneidungen bei den Gruppen „Kunst am Bau“ und „Kooperation mit der Verwaltung“ ergeben haben, weshalb sich die beiden Gruppen entscheiden im zweiten Teil zusammenzuarbeiten.

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Nachmittagsrunde zusammen mit der Gruppe "Kunst am Bau"
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Nachdem am Vormittag die Sichtweisen der Künstler und der Verwaltung näher beleuchtet wurden und daraus hervorging, dass ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Parteien darin besteht, dass die Künstler ohne Rahmen und Grenzen denken, die Verwaltung aber innerhalb eines Rahmens handelt, spricht Markus Ambach zu Beginn der Nachmittagsrunde von der Aufgabe des Künstlers, im Interesse des Projekts eben genannten Rahmen der Verwaltung zu dehnen oder gar zu sprengen.
Er unterscheidet zwischen einer Handlungs- und einer Verwaltungsebene. Diese beiden Ebenen existieren nebeneinander. Auf der Handlungsebene ist es möglich, ohne die Verwaltung zu handeln, man könnte es auch „ein freundliches Unterwandern“ mit der Möglichkeit „die Spielräume zu dehnen“ nennen. Dabei könnten die ersten Schritte zur Erweiterung der verwalterischen Grenzen gemacht werden. Auf keinen Fall dürfte man sich von bürokratischen Dingen bremsen lassen, so Ambach.

„Wenn man Änderungen auf der Verwaltungsebene herbeiführen will, muss man nicht auf sie warten. Man kann vor Ort aktuell handeln.“ – Markus Ambach

Stefan Greß merkt an, dass die Spielräume auf verwalterischer Ebene bereits relativ großzügig und empfänglich für Projekte wie die von Ute Reeh seien, wohingegen Johannes Schuhmacher aus Bremen das nicht behaupten konnte und sich das für sein Land auch wünscht. Die Lage ist also in den Ländern unterschiedlich.

In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff der Subversion genannt. Hanswalter Graf spricht von einer gemäßigten Subversion als erfolgreichem Modell, bei dem die Kunst über einen längeren Zeitraum langsam, fast unbemerkt Veränderungen auch in der Verwaltung erzielt.

„Die Dosierungen der Kunst müssen ganz homöopathisch sein.“ – Hanswalther Graf

Stefan Greß merkt an, dass bei neuen sog. „offenen Prozessen“ nicht nur die Denkweise der Verwaltung (im ersten Gespräch erläutert) ein Hindernis darstellt, sondern oftmals auch die „Unfähigkeit“ der Künstler sich innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen zu verändern und anzupassen. Weiter führt er aus, dass es schon einen Schritt vorher Aufgabe der Künstler wäre, die Prozesse, die zu Beginn noch ohne Bilder und für die Verwaltung schwer greifbar sind, anschaulicher und nachvollziehbarer darzustellen, die Vorteile herunterzubrechen und eine Verständlichkeit zu gewährleisten.

Grundlage einer Begegnung ist Wertschätzung und Anerkennung der Fähigkeiten des Anderen, welche ein Kommunizieren auf Augenhöhe ermöglichen. Der Künstler darf mit seinem Vorhaben nicht als Störfaktor im Ablauf empfunden werden, der Verwalter nicht als bloßer Dienstleister betrachtet werden.

Grundsätzlich wird sich in dieser Runde dafür ausgesprochen, alle beteiligten Personen und Gruppen von Anfang an am Projekt teilhaben zu lassen. Beim Künstler z.B. hat es den Vorteil, dass dieser einen Kunstprozess im Gebäude initiieren kann und am Ende nicht nur ein Kunstwerk als bloße Dekoration übrig bleibt. Bei den Schülern hat es den Vorteil, dass nicht an ihren Bedürfnissen vorbeigeplant wird und dass während des Projekts natürlich auch Lernprozesse stattfinden.
Alle Bemühungen heute werden, wenn sie erfolgreich sind, als Referenzbeispiele künftigen Kunstprojekten den Weg erleichtern.

„Ich glaube der wichtigste Punkt ist, dass es uns gelingt in den nächsten 5 bis 10 Jahren den Grundgedanken in eine Gesamtstruktur einzubinden. Das verlangt, dass Menschen da sind, die den Kunstgedanken verstehen und vernünftig einbringen können. Wenn uns die Frau Reeh in den nächsten 5 bis 10 Jahren erhalten bleibt, dann werden die nächsten Prozesse vielleicht viel besser laufen, weil man ihre Projekte als Referenzprojekte nehmen kann und daraus lernen kann.“ – Gregor Nachtwey

Gegen Ende der Nachmittagsrunde wird über die Rolle der Kunst im Schulkunstprojekt gesprochen. Ute Reeh erklärt, wo sie die besonderen Kompetenzen der KünstlerInnen in Schulkunstprojekten und in der Schulentwicklung im Allgemeinen sieht:

„Zum einen gehöre ich weder zu den Pädagogen noch habe ich ein Konzept über Unterricht im Kopf sondern ich stehe ganz außen und begleite. Zum anderen bin ich Spezialistin, wenn es irgendwo besonders schwierig und problematisch wird. Das ist meine Herausforderung und meine Berechtigung. Da wird’s für mich erst spannend.“ – Ute Reeh

Im Kommentar zur Nachmittagsdiskussion spricht Herr Chiquet über die besondere Befähigung von bildenden Künstlern im Gegensatz zu Architekten oder anderen außerschulischen Kooperationspartnern für Schulentwicklungs-Projekte:

„…dass Künstler und Künstlerinnen eigentlich Fachleute sind für die Einleitung von Veränderungen in unwahrscheinlichen Situationen. Sie tun dies mit einem ästhetisch formal geschulten Blick für Bilder und Situationen die sichtbar werden und die auch etwas Bleibendes hinterlassen, Spuren hinterlassen.“ – Bernhard Chiquet

Protokoll: Muriel Mc Calla, Studentin Kommunikationsdesign, FH Düsseldorf; Bearbeitung: Thomas Düssel