Beirat    Kunst    PÄdagogik    Architektur    Weblog

Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Die Wärme

Spinat

Aus Sommer wurde über Nacht Hochsommer. Die Luft klebt und drückt wie im Juli. Hoch in dem Seilklettergerüst nach Bukminster Fuller sitzend schrieb ich am Morgen den Text von gestern. Wobei heute schon wieder morgen ist. Die Morgensonne und die Autobahn im Rücken. Die Siedlung im Blickfeld. Die Siedlungswege sind begangen mit vielen der Bewohnern habe ich wenn nicht gesprochen dann doch Blicke ausgetauscht. Ein kleiner Junge mit spitzen Zähnen sagt immer wenn er mich sieht: „Das hat den kleinen Kindern Angst gemacht“. Er meint damit die Ochsenmaskenperformance, die auch 10 Tage nach Durchführung noch für Gesprächsstoff sorgt. Der Junge selber hatte keine Angst versichert er mir glaubhaft. Auf dem Rückweg vom Schreiben gehe ich am Feuertatort von der Vornacht vorbei. Die gelbe Tonne steht, halb weggeschmolzen, auf dem Fußweg. Bizarr verformter gelber und schwarzer Kunststoff. Fast skulptural. Könnte man so ins Museum stellen, wenn nicht der Blick ins Innere freiläge: viel Müll der so nicht in die Gelbe Tonne gehört. Die museale Kunststoffhaube über dem Werk müsste hermetisch abriegeln. Bevor wir uns um 13:30 Uhr zur SWD Technik aufmachen können, laufen wir zum Corellikiez und nehmen im Stehcafé, draussen sitzend, einen Besprechungskaffee ein. Um 12 Uhr läuten die Glocken im freistehenden Turm der evangelischen Kirche, der Kaufmann hat die Markisen heruntergelassen, schützt so die Auslagen vor der Mittagssonne. Ein Kind fällt hin und schreit, ein Saab Cabrio Fahrer parkt das Auto halb legal vor der Bäckerei und holt beschwingt ein paar Brötchen. Er hat wohl ein Problem mit dem Krümmer. Sein Saab röhrt zu laut. Bei der SWD Technik geht alles klar. Am nächsten Tag können wir die Schlüsselarbeit des Projekts an einer Fassade aufhängen. Weitere Gänge am Nachmittag und am Abend. Nachmittags ein Kaffee in einer nahen Konditorei. Im Fenster hängen aus Pappe geschnittene Sonnenblumen, das Teilchenangebot erfreut mein sentimentales Herz, erinnert es mich doch an Bäckereien meiner Kindheit; Rumkugeln, Schweineohren, Amerikaner, Spritzgebäck und Nußecken. Die Konditorei nimmt keine Bestellung für Blechnußkuchen auf. Wir brauchen noch Öl. Wir kaufen es beim Kaufmann. Während Güntzel im Laden ist fotografiert Scheibe von Außen. Die grüne Markise ist ausgefahren, darunter wird das Obst und Gemüseangebot präsentiert. Zwei Erdbeerdekorationsfiguren zirka 70 cm hoch machen Lust auf die nächste Erdbeersaison im fernen Monat Mai. Neben der Ladentüre steht eine Reihe klassischer Einkaufswagen. Abends werden sie eingeschlossen. Zu oft kam was weg. Der Kaufmann ist die der Siedlung nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit. Es gibt alles, von gut und günstig bis Alnatura Bio. Mich erinnert der Laden mal wieder an die 70er. Irgendwo zwischen Tante Emma und den ersten Supermärkten. Die Fleisch und Käsetheke wurde gegen einen DHL- Shop in Shop System ausgetauscht. Zum Abend laufe ich alleine durch den Wald immer tiefer hinein. Ein Jogger macht Dehnübungen an einem Baum im tiefen Unterholz. Nach Sonnenuntergang setzte ich mich mit A. auf die Plaza. Wir erzählen. Morgen will sie sich ein Tattoo stechen lassen. Ein aufgeschlagenes Buch, auf den Seiten die Namen ihrer Eltern. Zwischen den Seiten liegt eine Feder, deren Ästen entspringen drei Schmetterlinge. Symbol für ihre drei älteren Brüder. Man könnte die ganze Nacht sitzenbleiben, so warm ist es noch weit nach Sonnenuntergang. Aber das gibt der Ort dann doch nicht her.