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Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Wolkenlos

Ein wolkenloser Himmel begleitet uns in den Tag. Jeder Sonnentag ist ein Gruß des vergehenden Sommers. Hart wird der endgültige Abschied in ein paar Wochen. Noch hält die Blase und uns in einem mediterranen Dauerzustand. Ein paar Kinder mit Lehrerinnen und weiteren Betreuungspersonen auf der Plattform. Sie bedrucken Stoffbeutel und Pappteller mit Mustern. Ein Junge kommt zur Lehrerin und sagt: „ich habe orange“ gemacht. Ich frage ihn: „wie“? Er sagt: „aus rot und gelb“. Ein anderer Junge mit verblasstem schwarz rot goldigen Fussballshirt ist nicht zu beruhigen, so schön findet er die im März ausgesäten Blumen die jetzt vielfarbig auf der Wiese stehen. Er beugt sich ganz nah zu einer lila-gelben Herbstaster herunter und beschaut sie ungläubig ob ihres perfekten Seins. Unter dem Nussbaum sammeln wir gemeinsam in den alten schwedischen Rucksack. Dem mit den ins Leder gestanzten drei Löwen. Später bei Kaffee und Kuchen auf der Plattform. Wir reden mit diesem und jener. Über Flächen und Fassaden, über Kunst und Kommunikation. Zwischendurch immer wieder Erkundungsgänge durch die Siedlung. Zwischen manchen verwilderten Gärten finden sich Kleinode des Gemüseanbaus. Hinterm Haus Zuckermais und Hochbeete voller verschiedener Tomatensorten. T´s. Mutter ist aus Kasachstan gekommen. T´s Mutter hat die Selbstversorgerkultur ihrer Heimat weitergelebt. T. hat ihr Bekanntes übernommen und zusammen mit ihrem Mann, dem Garten- und Landschaftsbauer, dem dem Haus rückseitigen Stückchen Land etwas abgetrotzt. Gerne nähm ich mir eine bald sonnereife Tomate und bisse hinein. Auf einer kahlen Stelle, hinter der Entsorgungsstation Nummer 7 entdecke ich im Boden eine kleine Figur in Form eines blauen Elefantens. Eher Disney denn der Mauskumpane. Ich säubere die Figur und stecke sie in die Hosentasche. Den Rüssel zum Tröten bereit sticht sie mich bei manchem Schritt ins Oberschenkelfleisch. Zur guten Nacht noch eine Runde ums Eck. Auf der Plattform spielen Kinder, ein Mädchen fragt mich ob ich eine Tanzperformance anschauen möchte. Ein Junge stellt die Smartphonlautsprecher an. Aus ihnen kommt Bella Ciao in der Sommerdancehitversion. Die Mädchen tanzen, eines kann Spagat. Gar nicht schlecht. Ich singe mit vom Tod der antifaschistischen Partisanen. In den Schatten der kleinen Blume, Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao einer kleinen, ganz zarten Blume, in die Berge bringt mich dann. Die Sonne geht unter und lässt uns mit dem Dunkeln alleine.