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Fachtagung Schulkunst

Expertentag 28.06.2011

Produkt

Von Christopher Dell

Das Produkt des Projekts Schulkunst könnte eines sein, an einer Politik des Sinnlichen zu arbeiten, Szenen bzw. Plattformen zu produzieren um Erfahrungsfelder der Schule zu verschieben und so Schule als Lernkollektiv emanzipierter Zuschauer neu zu versammeln.

Damit würde an unsere These angeschlossen, dass Schule kein fixiertes Objekt ist, keine Tatsache, die eine fixierte Interpretation bzw. Repräsentation durch Experten bedarf, sondern aus Handlung vieler Zuschauer bzw. Nutzer entsteht.

Performativität des Urbanen wäre ein aus polyphonen Improvisationen im konstruktiven Umgang mit Unbestimmtheit Produziertes.

Das Subjekt des Politischen würde nicht auf eine Gruppe zu reduziert, welche auf Identität abhebt. Vielmehr wäre das Politische mit Rancière als „ein Operator, der Regionen, Identitäten, Funktionen und Fähigkeiten zusammen- und auseinanderbringt“[1] zu fassen.

Somit ließe sich auch die Denunziation des „durch medialen Exzess und falsches Bewusstsein entfremdeten Menschen“ (= Unwissender) als eine Antwort der Herrschenden auf jene Unordnung, die durch die Tatsache entsteht, dass es Zuschauer gibt, die an etwas teilhaben und durch ihr Abenteuer an dieser Teilhabe die sozialen Positionen in Bewegung bringen, ad acta legen.

Damit bewegt sich Schulkunst in zwei Minenfeldern: erstens bedient das Projekt nicht eine humanistisch geprägte, progressive, an leuchtenden Augen der Kinder interessierte Erziehungskunst, die sich durch gute Gestaltung der Armen und Entrechteten annehmen und die Menschen dort abholen will wo sie sind, und zwar weil wir weder behaupten zu wissen wer, noch wo die Armen seien.
Zum Zweiten kümmert sich Schulkunst auch nicht um Warnungen aus dem hippen Avantgarde-Kunst-Feld, zu elitäre Weltverbesserungsvorschläge zu machen, an denen sich keiner beteilige und die an ‚den Menschen im Brennpunkt-Viertel’ vorbei gingen, eben weil wir gar nicht vorher wissen können und wollen, was an wem vorbei geht und was nicht.

Um es mit Thomas Hirschhorn abschließend zu fomulieren: „...es (geht darum), eine Erfahrung zu machen, eine gemeinsame Erfahrung mit den Anwohnern, den Besuchern, den Passanten und dem Künstler. Ich denke, dass Partizipation ein Geschenk ist, eine Gabe. Es ist eine Gabe im Sinn eines Potlatsch: Ich muss zuerst etwas geben und damit den anderen herausfordern zu geben, mehr zu geben!“ [2]


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[1] Rancière, Jacques, Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt/Main, 2002, S. 52
[2] Thomas Hirschhorn im Interview mit Sebastian Egenhofer, Partizipation kann nicht provoziert werden. E-Mail-Interview mit Thomas Hirschhorn, geführt vom 14. bis 13.9.2007, in: Paradoxien der Partizipation. 31 – Das Magazin des Instituts für Theorie10/11 (Dezember 2007), S.97–104