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Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Haselbaum

Der Nussbaum

Über Nacht da kamen die Wolken. Am frühen Morgen als ich um Brot zu holen aus der kleinen Residenzwohnung gehe hält sich noch die warme Luft. Als wir ein paar Stunden später weitere Erledigungen für die Abendveranstaltung mit dem Auto tätigen ist die laue Luft verschwunden und hat der Herbstkühle Platz gemacht. Wahrscheinlich endgültig. Zur Tag-Nachtgleiche. Zum Herbstanfang. Wir fahren durch den Fisselregen zum „Top Drink“ und „Ikea“, wir kaufen Wein, Wasser und Ikeagläser. Der Raumduft der in der Tirifittihalle versprüht wird macht mich agressiv. Wir schlängeln uns durch Einkaufsüchtige, Paare die ihre erste Wohnung einrichten, Mütter mit Kindern und Tagesfreizeit zum Ikeaschlender. Rentnern die mal gucken wollen und eine Kleinigkeit kaufen. Nach fünfzehn Minuten sind wir wieder raus. Wir haben vier mal sechs Allzweckgläser „Pokal“ gekauft. Der Nachmittag zieht sich hin. Ich habe soweit schonmal alles vorbereitet für den Abend. Ab sechs bauen wir auf. Die Café-Möblierung wird zur Platte getragen und hübsch drapiert. Ein Tisch mit Wasser, Wein und Gläsern hergerichtet. Dabei 30 Brezeln die wir auf unserer Vormittagsrunde beim Bäcker abgeholt haben. J. kommt und bring das technische Equipment. Ich klettere mit Güntzels Räuberleiter auf den Haselbaum und installiere die Lichterketten im Geäst. A. ist heute gut gelaunt und kommentiert das Geschehen ironisch bissig. Ich erhebe meinen Zeigefinger und sage warnend „Fräulein!“ Pünklich um 19 Uhr ist alles installiert. Ich habe meinen grauen Anzug angezogen, dazu ein Hemd mit breitem Kragen. Ich setzte mich auf den unter dem Baum stehenden roten Stuhl. Hin und wieder steht der Künstler auf und singt sein Herbstlied. Über den Nußbaum, der den Wind herbeiwinkt und die Nüsse schütteln lässt. Über den Mann der Brezeln aus dem hohen Hut springen lässt, das Haus im Garten dessen Lichter an sind. Es wird noch lange dauern bis ich drin wohnen kann. Er singt den ganzen Abend. Die Stimme scheppert im Verstärker. Hin und wieder kommen Siedlungsbewohner vorbei, viele Kinder hören zu, manche singen nach dem zweiten oder dritten mal Zuhören mit. Das Licht der Lichterketten im Baum schafft einen Raum der mich umfließt. Unter dem Baum am Bolzplatz, im Rauschen der dahinter liegenden Autobahn A 59 fühle ich mich geborgen. Die, die dem singenden Künstler zuhören-, und schauen wirken irgendwie beseelt. Ein schöner Abend geht zuende.

Video: Der Baum im Garten

Dauer: 2:21min