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Artists in Wittenberger Weg

Scheibe & Güntzel

Feuerschein

Wasserträger

Am morgen erledigen wir Büroarbeit mit Emails hin- und her und Fotoauswahl der Fotos der gestrigen Aktion. Dass der Tag einen neuen Sommer gebiert bekomme ich erst mit als ich um elf die kleine Residentenwohnung verlasse um dies und das mit den Siedlungsabgesandten der Wohnungsgesellschaft zu besprechen. Die laue Luft ist über Nacht gekommen, die frei stehende Sonne tut ein Übriges. Die Techniker sind nicht da. Das Wichtige muss bis morgen warten. Statt Konsultationen gehe ich eine weitere Runde durch die Siedlung. Um in der Siedlung Neues zu entdecken gucke ich mir die Aufkleber an den Laternpfosten und Stromkästen an. „Die Rechte“ fordert die Toitsche Jugend auf zu ihnen zu kommen, irgendwer fordert „Freiheit für alle Nationalisten“, das Syndikat 52, (Aachen, Düren, Heinsberg) hat sich Familie, Freundschaft, Heimat auf die Fahnen geschrieben, Antikap.org deklariert die „NS AREA“. „Ihr für uns wir für euch“, so wird an die „gefallenen Helden beider Weltkriege“ gedacht, ausgerechnet die NPD erbittet „Solidarität“. Viele Aufkleber sind abgerissen, einige „FCK AFD“ Spukies sind auch zu finden. Am Nachmittag gehen wir, nach Zwischenstopp in der DHL Filiale, durch den Schloßpark. Eine Rabatte voll mit Herbstblumen. In der Sonne leuchten die Staudenblüten. Auf den Blüten flügeln die Schmetterlinge. Auf dem großen Schloßteich fehlen die Schwanentretboote zur perfekten Legolandidylle. Ich bin immer wieder sehr erstaunt über die urbanen Landschaftskontraste die hier in sehr engen räumlichen Radien aufeinandertreffen. Hier die, wie eine trotziges gallisches Dorf, leicht aus der Zeit gefallene Siedlung, mit eigenen Gesetzen und Geschichten, mit eigener Sprache, verbal und gestalterisch. Dort das Schloß mit Besuchern aus aller Welt. Die Autobahntrasse neben dem bürgerlichen Neubaugebiet in Urdenbach. Das idyllische Rheintal vis a vis zur Industriebrache (diese ist allerdings schon an einen ominösen Investor verkauft). Eine Gruppe asiatischer Besucher stürmt lachend aufgeregt zeigend an uns vorbei in Richtung der Schloßparkwasserspiele. Später am Abend führt der Fußweg Scheibe & Güntzel wieder unter der Autobahn-Unterführung hindurch. Den Bach entlang gehen wir zum Feld. Etwa 10 Morgen groß. Mit sandig, hellbrauner Erde. Das Feld ist schon bereitet. Gepflügt und fein gegrubbert. Echter Mist mit Heu vermengt wurde in die Krume eingearbeitet. Hie und da noch ein paar Stoppeln der Feldfrucht 2018. Bis auf die breiten Treckerräderabdrücke sahen die Felder, die jetzt Siedlung und Autobahntrasse sind, früher auch so aus. Am östlichen Rand hinter einer Reihe Feldrandbäume steht eine Siedlung mit einigen Mehrfamilienhäusern mitten im Wald. Ein weiterer Teil des Feldes ist mit einem hohen grünen Zaun abgegrenzt, dahinter erstreckt sich ein parkähnliches Anwesen. Auf google earth erkennt man die Dächer einer Villa im Park. Wir sitzen auf einem Hochsitz und betrachten das Feld im Lichte der untergehenden Sonne. Dramatisch rot färbt sich wieder der Himmel. Die Farbe des Feldes geht vom ocker in tieforange RAL 2011 über. Bevor die Nacht die Wanderer übermannt gehen wir zurück gen Siedlung. Als wir uns nähern steht der Halbmond über den Häusern. Die Korona verschleiert vom Septemberdunst. In zwei Wochen steht hier der Erntemond. Als wir denken, dass war es mit dem Tag sehen wir uns getäuscht. Um 00.04h kommt Feuerschein aus der Müllentsorgungsstation Nummer 10. Ich rufe die Feuerwehr und gehe auf die Straße. Es lodert heftig, dann und wann eine knallende Haarspray- oder AXE-Sprühdose. Die Feuerwehr kommt mit dem Löschfahrzeug mit ungefähr 8 Mann und löscht. So als wären sie sehr routiniert im Löschen von brennenden Entsorgungsstationen. Als wir wieder im Bett liege ist die Luft geschwängert vom Plastikfeuerduft.